Was bedeutet „Augmented Decision Making“?

Augmented Decision Making bedeutet, dass Menschen Entscheidungen treffen – gestützt durch Daten, KI-Modelle und saubere Entscheidungslogik. Es erweitert (augmentiert) Deine Urteilskraft, statt sie zu ersetzen: Algorithmen analysieren Muster, simulieren Szenarien und geben klare Empfehlungen, Du bewertest Kontext, Werte, Risiken und triffst die finale Wahl. Ergebnis: schnellere, besser begründete, konsistente Entscheidungen mit weniger Blindflecken.

Warum Augmented Decision Making heute zählt

Entscheidungen sind komplexer geworden: mehr Daten, mehr Kanäle, mehr Dynamik. Bauchgefühl allein reicht selten – doch reine Automatisierung ist riskant. Augmented Decision Making ist der Mittelweg: Menschen behalten die Kontrolle, Maschinen liefern Evidenz, Transparenz und Tempo. Für Unternehmer, Gründer und Teams heißt das: planbarer Umsatz, robustere Prozesse, nachvollziehbare Prioritäten.

Wie es funktioniert – Bausteine in der Praxis

Das Grundprinzip ist simpel: Frage definieren, Daten einsammeln, Modell bilden, Evidenz prüfen, Entscheidung treffen, Ergebnis messen.

Typische Bausteine:

1) Klarer Entscheidungsrahmen: Welche Entscheidung, welche Optionen, welche Ziele (z. B. Marge, Risiko, Zufriedenheit), welche Nebenbedingungen (Budget, Compliance)?

2) Daten: Transaktionen, Nutzungsverhalten, Lieferketten-Infos, Supporttickets, Preise, externe Signale. Wichtig ist weniger „Big Data“ als relevante, saubere Daten.

3) Modelle: Prognosen (Was wird passieren?), Klassifikationen (Wird Kunde X abwandern?), Uplift-Analysen (Wen beeinflusst Maßnahme Y wirklich?), Szenario- und What-if-Analysen (Was passiert, wenn…?).

4) Erklärbarkeit: Warum empfiehlt das System Option A? Welche Merkmale treiben die Vorhersage? Ohne Erklärbarkeit kein Vertrauen.

5) Mensch-in-der-Schleife: Regeln, wann empfohlen, wann automatisiert, wann eskaliert wird. Verantwortung bleibt klar zugeordnet.

6) Feedback & Lernen: A/B-Tests, Monitoring, Nachschärfen der Modelle, Anpassung der Policies. Entscheidungen werden mit der Zeit messbar besser.

Einfach greifbare Beispiele

Vertrieb: Ein B2B-Team erhält täglich eine Shortlist von Accounts, bei denen die Abschlusswahrscheinlichkeit diese Woche steigt. Das Modell gewichtet Signale wie E-Mail-Resonanz, Website-Besuche und Bestellzyklen. Der Mensch priorisiert, prüft Kontext („Budgetfreigabe? Entscheider im Urlaub?“) und wählt den passenden Pitch.

Supply Chain: Für ein kritisches Teil kommt eine Lieferrisiko-Warnung. Das System simuliert Szenarien: teurer Sofortkauf vs. späterer Standardkauf. Du siehst Effekte auf Marge und Liefertermine – und entscheidest bewusst, ob Du Sicherheit oder Kosten priorisierst.

Produkt: Feature-Roadmap nicht mehr nach „lauteste Stimme“, sondern nach evidenzbasiertem Impact: Welche Funktion erhöht Aktivierung und Bindung? Modelle schätzen den Uplift, das Team validiert über Experimente, dann folgt die Entscheidung.

Risikomanagement: Kreditfreigaben mit Scoring, aber mit menschlicher Review bei Grenzfällen. Die Richtlinie definiert: automatisiert unterhalb eines Risikowerts, manuell bei Sonderfällen – und alle Begründungen werden dokumentiert.

So setzt Du Augmented Decision Making auf – Schritt für Schritt

1) Entscheidung eingrenzen: Eine konkrete, wiederkehrende Entscheidung wählen (z. B. „Welche Leads zuerst anrufen?“). Erfolgskriterium definieren (z. B. Abschlussrate, CPO, Servicezeiten). Nebenbedingungen festhalten (z. B. Compliance, Fairness, Budget).

2) Dateninventur: Welche Daten beeinflussen die Entscheidung plausibel? Was ist verfügbar, was fehlt? Qualität prüfen: Vollständigkeit, Aktualität, Eindeutigkeit. Lieber klein starten, aber verlässlich.

3) Baseline schaffen: Wie gut entscheiden wir heute? Eine simple Regel (z. B. „nach Dealgröße“) als Vergleichsbasis hilft, den Mehrwert später ehrlich zu messen.

4) Modell und Logik aufsetzen: Erst einfache, erklärbare Modelle und Regeln – schnell validierbar, gut vermittelbar. Dann iterativ verfeinern. Wichtig: Trennt Vorhersage (Fakten) von Empfehlung (Handlung), damit Du die Logik transparent steuern kannst.

5) Human-in-the-loop gestalten: Wer darf wann abweichen? Welche Begründungen sind nötig? Wie werden Konflikte gelöst? Ein leichtes Freigabekonzept verhindert Wildwuchs.

6) Testen, messen, lernen: A/B-Tests, Backtests, Pilotgruppen. Klare Metriken, regelmäßige Reviews (z. B. monatlich) und eine „Kill-Switch“-Regel für Modelle, die driften.

7) Dokumentation & Governance: Datenquellen, Annahmen, Metriken, Risiken, Entscheidungen. Das klingt trocken, spart aber später sehr viel Zeit und Nerven.

Datenethik, Bias und Governance – die Leitplanken

Jede Entscheidung hat Nebenwirkungen. Achte auf verzerrte Daten (Bias), verdeckte Korrelationen und auf Fairness-Kriterien. Setze Schwellenwerte und Prüfungen: Wer wird systematisch benachteiligt? Welche Merkmale sind tabu oder nur kontrolliert nutzbar? Protokolliere Abweichungen und hebe kritische Fälle bewusst auf die menschliche Ebene. Datenschutz, Zweckbindung und Minimierung sind Pflicht – weniger ist oft mehr.

Wichtiger Grundsatz: Ein gutes System erklärt nicht nur die Empfehlung, sondern auch die Unsicherheit. Ein „niedrige Konfidenz“-Flag ist oft wertvoller als eine vermeintlich präzise Zahl.

Erfolg messen: Welche Metriken zählen?

Lege sie vorab fest – sonst gewinnt am Ende die lauteste Meinung.

– Ergebnis-Metriken: Gewinnbeitrag, Conversion, Retention, Servicezeiten, Fehlerrate.

– Qualitäts-Metriken: Präzision/Recall, Kalibrierung (sagen 70% wirklich 70%?), Fairness-Gaps.

– Prozess-Metriken: Entscheidungszeit, Eskalationsquote, Anteil automatisierter Fälle, Akzeptanz durch Nutzer.

– Robustheit: Performance über Zeit, Drift, Sensitivität auf Datenlücken.

Typische Stolpersteine – und Gegenmittel

Zu große Ambition am Start: Lieber ein enges, gut messbares Use Case als ein „alles löst alles“-Projekt.

Unklare Entscheidungsfrage: Ohne präzise Frage liefert jedes Modell schöne, aber irrelevante Antworten.

Fehlende Baseline: Ohne Vergleich weiß niemand, ob es besser wurde.

Black-Box-Schock: Ohne Erklärbarkeit sinkt die Adoption – plane die Kommunikation so sorgfältig wie das Modell.

Keine Pflege: Modelle altern. Baue Monitoring und Wartung von Beginn an ein.

Abgrenzung: Augmented vs. Automated Decision Making

Augmented heißt: Mensch entscheidet mit maschineller Unterstützung. Automated heißt: System entscheidet nach Regeln/Modellen. In der Praxis gibt es Mischformen: Routinefälle automatisiert, Ausnahmen aug­mentiert. Die Kunst ist, die Schwellenwerte bewusst zu setzen – abhängig von Risiko, Regulierung und Wert der Entscheidung.

Häufige Fragen.

Was ist Augmented Decision Making in einfachen Worten?

Du triffst Entscheidungen, gestützt von Daten und Modellen. Die Systeme zeigen Dir Muster, Szenarien und Empfehlungen, Du bringst Kontext, Werte und Erfahrung ein. Es ist Teamwork: Maschine rechnet, Mensch entscheidet.

Worin unterscheidet es sich von klassischer Business Intelligence?

Business Intelligence zeigt Dir, was passiert ist (Dashboards, Reports). Augmented Decision Making geht weiter: Es prognostiziert, simuliert, empfiehlt Handlungen und verknüpft das mit einem klaren Entscheidungsprozess – inklusive Feedbackschleife und Lernkurve.

Brauche ich „Big Data“, um loszulegen?

Nein. Relevante, saubere Daten schlagen große Datenmengen. Für viele Entscheidungen reichen wenige, gut gepflegte Tabellen und ein klarer Prozess. Starte klein, skaliere, sobald Du echten Mehrwert siehst.

Welche Daten eignen sich besonders?

Alles, was kausal oder zumindest stabil mit Deinem Ziel zusammenhängt: Transaktionen, Nutzungsverhalten, Zeitpunkte, Preise, Verfügbarkeiten, Service-Historien. Achte auf Aktualität, Eindeutigkeit und darauf, dass Du die Daten rechtmäßig und zweckgebunden nutzt.

Wie fange ich konkret an?

Wähle eine wiederkehrende Entscheidung mit klarer Kennzahl (z. B. „Welche Bestellungen priorisieren?“). Lege eine Baseline-Regel fest. Baue ein einfaches, erklärbares Modell, definiere, wann automatisiert und wann manuell entschieden wird. Teste in einem Pilot, miss die Wirkung, dokumentiere die Ergebnisse – erst dann skalieren.

Wie stelle ich Fairness und Transparenz sicher?

Definiere verbotene oder sensible Merkmale, setze Fairness-Kriterien (z. B. ähnliche Fehlerraten über Gruppen), nutze erklärbare Modelle oder Erklärverfahren und protokolliere Entscheidungen. Prüfe regelmäßig auf Bias und gib Menschen das Recht, Empfehlungen zu überstimmen – mit kurzer Begründung.

Wann automatisieren, wann den Menschen entscheiden lassen?

Automatisieren bei geringem Risiko, hoher Fallzahl und stabiler Datenlage. Mensch-in-der-Schleife bei hoher Unsicherheit, hoher Tragweite, sensiblen Fällen oder wenn Kontextwissen entscheidend ist. Setze klare Schwellen (Konfidenz, Betrag, Risiko) und überprüfe sie regelmäßig.

Wie messe ich den ROI?

Vergleiche Ergebnis-Metriken gegen die Baseline (z. B. Mehrumsatz, weniger Ausfälle, kürzere Bearbeitungszeiten) und ziehe Kosten ab (Datenaufbereitung, Modellpflege, Schulung). Saubere A/B- oder Zeitreihen-Analysen helfen, den Effekt dem System zuzuordnen.

Wie gehe ich mit Unsicherheit um?

Arbeite mit Konfidenz- oder Unsicherheitsangaben, simuliere Szenarien und lege Entscheidungsregeln für unsichere Fälle fest (z. B. „bei niedriger Sicherheit eskalieren“). Entscheidungslogiken sollen konservativ reagieren, wenn Datenlage wackelt.

Welche typischen Fehler sollte ich vermeiden?

Zu viele Ziele gleichzeitig, fehlende Baseline, Black-Box ohne Erklärbarkeit, fehlende Governance, kein Monitoring, und: Projekt als einmalige Übung sehen. Gute Entscheidungsunterstützung ist ein System, kein Sprint.

Wie skaliere ich vom Pilot in die Breite?

Stabilisiere Datenpipelines, definiere klare Verantwortlichkeiten, dokumentiere Policies, automatisiere Auswertungen und setze regelmäßige Reviews auf. Rolle schrittweise aus, behalte eine Kontrollgruppe und halte die Möglichkeit, das System bei Drift zu pausieren.

Ist das nur etwas für große Unternehmen?

Nein. Gerade im Mittelstand und bei Startups bringt ein fokussierter Use Case schnellen Nutzen: bessere Priorisierung, weniger Streuverluste, klare Next Steps. Entscheidend ist die Disziplin: kleine, messbare Schritte und konsequentes Lernen.

Persönliche Empfehlung

Augmented Decision Making lohnt sich, wenn Du Entscheidungen wiederholbar besser machen willst – nicht nur einmal, sondern Woche für Woche. Starte mit einer engen Frage, messe ehrlich gegen eine Baseline, erkläre Empfehlungen verständlich und halte Governance einfach, aber verbindlich. In Projekten – auch bei Berger+Team – zeigt sich: Der größte Hebel liegt selten im komplexesten Modell, sondern in klaren Zielen, sauberer Datenhygiene und einem Team, das gerne lernt. Wenn Du das beherzigst, wird aus Datennutzung echte Entscheidungsqualität.

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Florian Berger
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